Kirche

Die spätgotische Kirche Weisslingen wurde etwa zwischen 1500 und 1509 als Chorturmanlage errichtet, evtl. umgebaut. Sie steht isoliert am Rande des  Dorfteiles „Im Berg“. Das Schiff weist eine West-Ost- Ausrichtung auf und war vor 1882 etwas weniger lang und hoch, so dass es ursprünglich noch stärker als Anhängsel des Turmes wirkte. In der vorreformatorischen Kirche war der Chor dem Klerus reserviert und in ihm befand sich der Altar. Anfang und Ende der Bauzeit sind nur indirekt belegt. Der Baubeginn kann auf Grund der Streitigkeiten um die Baupflicht an Chor und Turm zwischen der Gemeinde und den Kollatoren Hug von Hegi und Friedrich von Hinwil abgeschätzt werden. Rat und Bürgermeister der Stadt Zürich entschieden diesen Streit mit Brief vom 20. Nov. 15 00 zu Gunsten der Gemeinde (heute im Original im Kirchgemeindearchiv). Das Bauende ist 1507 belegt durch die übliche Spende von Rat und Bürgermeister der Stadt Zürich für ein Glasfenster in den Chor - was jeweils gegen Bauende geschah - und durch die Datierung der Schnitzdecke 1509, die von Tischmacher Peter Kälin von Ulm erstellt wurde. Es ist zu vermuten, dass dieser Kirchenbau nicht der erste in der Gemeinde war. Eine Kirche ist bereits für 1188 bezeugt. Ein Teil derselben war vor 1216 von Freiherr Rudolf von Weisslingen aus seinem Erbe an das Kloster St. Johann im Thurtal vergabt worden. Für 1217 ist ein „Bruno plebanus de Wizenanch“ nachgewiesen. Der Steuerrodel des Bistums Konstanz von 1275 weist ein Einkommen des Plebans (Leutpriesters) „de Wissenanch im Dekanat Illnau“ von 31 Pfund Zürcher Währung aus.   Kollator = Kirchenbesitzer mit dem Recht, den Zehnten einzuziehen, sowie den Pfarrer einzusetzen. Er hat aber auch die Pflicht, den Pfarrer zu besolden und Kirche und Pfarrhaus zu unterhalten.

Alte Ansichten

Älteste Darstellung von Kirche und Pfarrhaus um 1760 (Quelle unbekannt)

Kirche, Friedhof und Pfarrhaus 1839

Kirche um 1840 (Reproduktion ab Ölbild von Joh. Ulrich Burri, 1802-1879; in Privatbesitz)

Kirche zwischen 1891 und 1906 mit alter Turmuhr

Kirche mit Friedhof vor der Renovation 1951

Zeichnung von Armin Bollmann, 1989

Kirchendecke

 Fotos von Robert Widler, Historischer Verein Weisslingen

Sicht vom Chor gegen die Empore

 

Die blaue, masswerkverzierte Längsbahn kreuzt die rote, mit Flachschnitzereien versehene Querbahn.  

 

Kirchendecke Zentrum, Transkription des Spruches: „ ano + dum + m + ccccc + 9 + iar + peter + kalin + tismacher + von + ulm + voinhaft + zu + zug + mensch + gedenck + an + din + serben + alle + tag + so + sundest + nit + fir + war + und + ich + dir + das + sag + ihs + maria + rine + magt + gros + lob + und + ere + „   Übersetzung: Anno domini (= Im Jahre des Herrn) 1509 / Peter Kälin Tischmacher von Ulm, wohnhaft zu Zug / Mensch denke an dein Dahinserbeln alle Tage, so sündigst nicht, fürwahr / und ich dir das sag / ihs (= Jesus) / Maria, reine Magd / Gross Lob und Ehre.
 

 

Schematische Übersicht der Kirchendecke Die Verzierungen dieser Decke bestehen einerseits aus Masswerk-Friesen, andererseits aus den Flachschnitzereien mit einer bunten Welt von Tieren (vor allem Vögeln), Pflanzen, Drachen und einem Jäger.

Im Kanton Zürich sind nur noch 5 von ursprünglich 14 solchen Holzdecken erhalten, wobei die von Weisslingen die älteste ist. In einem Vergleich zwischen den Flachschnitzereien von Maur und Weisslingen stellt der Kunsthistoriker Peter Jezler in einer 17-seitigen Studie fest, dass bei unserer Kirche, im Gegensatz zu Maur, kein theologisches Konzept erkennbar sei. Er führt dies auf die unterschiedlichen Auftraggeber (bei Maur die Fraumünsterabtei Zürich, bei Weisslingen die zerstrittenen Parteien Gemeinde / desinteressierte Kollatoren (Hug von Hegi und Friedrich von Hinwil) zurück. Diese theologische Anspruchslosigkeit mache die Deckenbilder von Weisslingen nicht weniger interessant als das geistvolle Programm von Maur.  Zitat: “Wo das theologisch gebildete Milieu der Fraumünsterabtei ein Gleichnis für den sich zur Bekehrung wendenden Menschen erkannte, sahen die gemeinen, d.h. einfachen Landbewohner von Weisslingen nichts als eine Hirschjagd, und möglicherweise machte es ihnen mehr Spass, wenn der Jäger traf, als wenn sich das Wild allegorisch davonmachte.“

 Beispiel: Jagdszene im Nelkenfries

 

 Vergrösserung linkerTeil

 

 Vergrösserung rechter Teil Solche Motive sind nicht nur in der Schweiz verbreitet, sondern lassen sich offenbar auch in andern Teilen Europas finden:  

  Historisches Museum Heraklion, Kreta 

Kirchenburg in Birthälm (Siebenbürgen), Rumänien Aufsehen erregte die Holzdecke im Jahre 1882 durch einen „Skandal“, der in der neuen Weisslinger Chronik (1993) auf den Seiten 224/225 ausführlich dargestellt wird. Das nachfolgende Inserat erschien am 30. Januar in der NZZ platziert zwischen einer Annonce für Bayerische Exportbiere  und einem Inserat für ein Hustenmittel.

 

 Diese Episode endete mit einem Happyend. Es gelang der Antiquarischen Gesellschaft, vom Regierungsrat Gelder für die Erhaltung der Decke zu bekommen. Dies überzeugte auch die Weisslinger Kirchenpflege, so dass sie von einem Verkauf absah. Es dürfte sich um einen der frühesten denkmalpflegerischen Staatsbeiträge gehandelt haben. So konnte die aufgefrischte und ergänzte Decke wieder eingebaut werden. In ihrem Mittelpunkt, dort wo bei der Reformation ein Heiligenporträt herausgebrochen worden sein dürfte, prangt seitdem stolz das Weisslinger Gemeindewappen, gerahmt von der Inschrift: „Renovirt anno 1882“.

 

 

das ist die linke zelle das ist die rechte zelle

 

 

 

 

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